Hier haben die Frauen die Hosen an

Die Wegwarten-Hosenbiene und andere im Boden nistende Wildbienen

Wegwarten-Hosenbiene

Beim Wort „Bienen“ denken die meisten Menschen an die Honigbiene, die vom Menschen gehalten wird und uns Honig liefert. Das „Nutztier“ Honigbiene ist aber nur eine Bienenart von vielen; alle anderen Arten leben bei uns wild. In Niedersachsen sind etwa 360 Wildbienenarten heimisch; davon stehen über 60 % auf der Roten Liste der gefährdeten Arten und sind zum Teil bereits ausgestorben oder verschollen.

Die Mehrzahl der Wildbienen gründet keine Staaten, wie es die Honigbienen oder die Hummeln tun, sondern die Weibchen bauen allein, ohne die Mithilfe von Artgenossinnen, ihre Nester. Bei den meisten Arten lernt die Biene ihre Nachkommen selbst nicht kennen, sondern versorgt sorgfältig gebaute Brutzellen mit Pollen und Nektar und legt je ein Ei hinein. In diesem Vorrat entwickelt sich die Larve und in den überwiegenden Fällen fliegt die fertige Biene erst im nächsten Jahr aus.

Rund drei Viertel der nestbauenden Wildbienen nisten im Boden. Trockene Sandböden mit spärlichem Bewuchs sind dabei besonders reich an Wildbienenarten. Daher ist Damnatz mit seiner Lage in der Flussaue des „Sandflusses“ Elbe mit teils sandigen Böden ein guter Ort für bodennistende Bienen.

Eine typische Sandboden-Bewohnerin ist die Wegwarten-Hosenbiene (Dasypoda hirtipes), die in vielen Gebieten Deutschlands selten und gefährdet ist, in Damnatz aber noch regelmäßig beobachtet werden kann. Die Bienen graben einen bis zu 60 cm tiefen Gang, von dem aus sie Seitengänge mit Brutzellen anlegen. Ihren Namen hat diese Art, weil die Beine, mit denen die Weibchen für ihren Nachwuchs Pollen transportieren, für diesen Zweck mit auffallend breiten, an Hosen erinnernde „Bürsten“ versehen sind. Beim Blütenbesuch ist sie durchaus wählerisch, denn wie viele Wildbienen kann die Hosenbiene nur von bestimmten Blütenpflanzen Pollen sammeln, in ihrem Fall von einem Teil der Arten aus der Familie der Korbblütler wie Wegwarte, Ferkelkraut, Herbst-Löwenzahn oder Wiesen-Flockenblume. Bei unserem Blühprojekt fördern wir die Hosenbiene, indem wir diese Wildpflanzen aussäen. Wichtig ist auch, dass unsere Blühflächen an verschiedenen Stellen um das Dorf gut verteilt sind, denn im Gegensatz zur Honigbiene, die einige Kilometer weite Sammelflüge unternehmen kann, brauchen die Wildbienen ihre Nektar- und Pollenquellen mehr oder weniger in der Nähe. Die Hosenbiene sammelt zum Beispiel in maximal 300 Meter Entfernung, meist aber in deutlich geringerem Radius.

Erdnester baut auch die Graue Sandbiene (Andrena cinearia). Diese beim Blütenbesuch nicht besonders spezialisierte Biene gehört zu den Arten, die nur im April und Mai fliegen. Für solche Frühjahrsarten ist es wichtig, dass unsere Blühflächen mehrjährig sind und deshalb auch schon früh im Jahr mit dem Blühen beginnen können. Übliche einjährige Blühflächen werden im Mai überhaupt erst eingesät.

Graue Sandbiene

Eine bundesweit gefährdete, in Niedersachsen sogar vom Aussterben bedrohte bodennistende Wildbiene ist die Sechsbindige Furchenbiene (Halictus sexcinctus). In Damnatz kommt sie erfreulicherweise noch vor. Bei dieser Art finden sich schon erste Schritte zur Arbeitsteilung, denn mehrere Weibchen benutzen manchmal einen gemeinsamen Nesteingang. Eine Besonderheit ist auch, dass die Nachkommen nicht als Larve oder ausgewachsenes Insekt im Nest überwintern, sondern schon im Spätsommer schlüpfen und dann auch ihren recht langlebigen Müttern begegnen können.

Sechsbindige Furchenbiene (Männchen)

Eine weiter fortgeschrittene soziale Lebensweise zeigt die relativ anpassungsfähige und vergleichsweise häufige Gewöhnliche Schmalbiene (Lasioglossum calceatum). Schon im zeitigen Frühling beginnen die Weibchen, meist jede einzeln für sich, ein Erdnest zu bauen, die Brutzellen mit Pollen zu verproviantieren und Eier zu legen. Dann verschließt das Weibchen den Bau von innen und wartet etwa einen Monat, bis die Nachkommen geschlüpft sind. Neben fortpflanzungsfähigen Weibchen und Männchen entwickeln sich jetzt auch Arbeiterinnen, die die Brutzellen versorgen. Es überwintert aber nicht, wie bei den Honigbienen, der ganze Staat, sondern nur die Weibchen, die sich einzeln Winterquartiere suchen.

Gewöhnliche Schmalbiene (Männchen)

Im eigenen Garten können alle etwas für bodennistende Bienen tun. Außer für eine reiche Blüte mit Wildblumen oder nicht gefüllten Gartenblumen zu sorgen, hilft es ihnen, wenn lückige, sandige Stellen im Rasen nicht durch Nachsaaten, Düngung und Wässern beseitigt werden. Manchmal finden sich ganze Kolonien, in denen die Nesteingänge, die wie winzige Maulwurfshaufen aussehen, dicht an dicht stehen. Diese Kolonien sollten in den wenigen Wochen, in denen die Bienen hier bauen und Vorräte sammeln, möglichst nicht betreten, glatt geharkt oder tief gemäht werden.

Nesteingang in einer Kolonie der Weiden-Sandbiene (Andrena vaga).

Alle Fotos © Georg Wilhelm