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Ein merkwürdiges Stelldichein an einem trüben Samstagmorgen im November: Bei den Glascontainern in Damnatz kommen sieben Dorfbewohner/innen mit zwei Treckern, drei Bigpacks mit Heu und diversen Gerätschaften zusammen, beraten sich kurz und verschwinden dann in verschiedenen Richtungen in der Feldmark. Was hat denn das nun wieder zu bedeuten?

Hintergrund des Ganzen ist eine Hilfsaktion für die Artenvielfalt in der Gemeinde. Eine der hilfsbedürftigen Arten ist die Sumpf-Wolfsmilch (Euphorbia palustris). Diese Pflanze ist bundesweit gefährdet, in Niedersachsen sogar stark gefährdet und kommt in unserem Bundesland fast nur an Elbe und Aller vor.

Sumpf-Wolfsmilch mit Wildbiene

Die Sumpf-Wolfsmilch ist eine mächtige, im Mai prächtig blühende Staude, die bis 150 cm groß und mehrere Jahrzehnte alt werden kann. Wie der Name schon sagt, wächst sie in Bereichen, die zumindest zeitweise feucht sind. Bei Damnatz gibt es noch eine der letzten Wuchsstellen in einem nicht mehr unterhaltenen flachen Graben, der aber allmählich mit Weidenbüschen und Brombeeren zuwächst. Damit würden die Wolfsmilch-Stauden bald ganz überwuchert sein und manche früheren Vorkommen sind deshalb auch schon verschwunden. Vor diesem Schicksal wollen wir die verbliebenen Pflanzen bewahren und haben Brombeeren und Weidenbüsche an den Wolfsmilch-Wuchsstellen abgeschnitten und entfernt. Im nächsten Jahr werden wir sicherlich die nachtreibenden Brombeeren unter Kontrolle behalten müssen. Wir hoffen auf Wiederausbreitung dieser schönen Pflanze.

Die zugewucherte Wolfsmilch-Wuchsstelle wird befreit

Nicht sehr weit davon hieß es ebenfalls „Sägen für den Naturschutz“. An einem mehrere hundert Meter langen Waldrandstück hat der vordringende Wald den eigentlich sieben Meter breiten Wegrain schon gut zur Hälfte erobert. Das sei ihm gegönnt, aber wir möchten in dem verbliebenen Grasstreifen im Frühjahr einen artenreichen Wegrain einsäen und anschließend regelmäßig mähen. Dazu sind rund drei Meter Arbeitsbreite das Minimum und hierfür mussten zumindest viele vorwitzige Äste abgeschnitten werden.

Den bereits im September auf rund 3 km Länge artenreich eingesäten Wegrainen galt ein weiterer Einsatz. Hier haben wir Heu verteilt, das viele Wildblumensamen enthält. Denn beim Wegrainprojekt haben wir nur von wenigen Wildpflanzenarten Saaten gekauft. Bei den meisten Pflanzenarten versuchen wir, Vermehrungsgut im Gemeindegebiet zu gewinnen. Damit soll die gebietstypische Artenvielfalt mit vor Ort angepassten Arten gefördert werden. Eine Methode, die wir einsetzen, ist Mahdgutübertragung. Dazu werden besonders artenreiche Wiesenbereiche zu einem Zeitpunkt gemäht, wenn wichtige Wiesenblumen beginnen, Samen zu tragen. Das Heu wird dann im Herbst auf der einzusäenden Fläche verteilt. Die Samen fallen nach und nach aus und ergänzen die schon vorhandenen Einsaaten. 

Verteilen von samenreichem Heu auf den eingesäten Wegrainen

Eine der Spenderflächen Anfang Juni 2021

Spenderfläche aus der Nähe mit Knolligem Hahnenfuß, Körner-Steinbrech, Acker-Hornkraut und Wiesen-Klee

Und dann gab es noch eine vierte Baustelle, und das schon ein paar Tage früher. Es ging um eine Blühfläche, und zwar um eine ganz besondere, die "Tanja-Wiese". Das ist wohl unsere landschaftlich schönste Blühfläche, direkt am Elberadweg und eingerahmt von zwei Wäldchen. Sie ist gleichzeitig eine schwierige Fläche, weil sie vor dem Blühprojekt schon eine Zeitlang brach lag und sich Gras ausgebreitet hatte. Auf der Blühfläche kam nach der Einsaat im Frühjahr 2020 das Gras wieder durch und auch nach Nachsaaten im Herbst 2020 entsprach das Ergebnis nicht unseren Erwartungen. 2021 hatte ein Freundeskreis zum Andenken an eine verstorbene Freundin die Fläche noch einmal um 2000 m² vergrößert und wir versuchten einen Neustart, diesmal mit tieferer Bodenbearbeitung per Pflug, und Neueinsaat. Die Fläche sieht nun ganz vielversprechend aus. Um die Entwicklung zu unterstützen, hatten wir jetzt in Töpfen vorgezogene Wildpflanzen auf die Fläche gebracht, unter anderem Wasserdost, Blutweiderich, Sumpf-Storchschnabel und Großblütige Königskerze. Mit vier Erwachsenen und zwei Kindern hatten wir dann 240 Pflanzen eingesetzt und sind gespannt, wie sie sich entwickeln.